Die Oper Leipzig ist seit dieser Spielzeit kaum wiederzuerkennen. Bereits die Eröffnung mit „Majesty and Madness“ war grandioses Musiktheater und mit Mary, Queen of Scots scheint die Oper aus ihrem über 20 Jahre dauernden Dornröschenschlaf erwacht zu sein. Ein Spielplan, der nicht nur museal die Tradition bewahrt, sondern es sich auch leistet, unsere Gegenwart in den Blick zu nehmen, wird auf Dauer eine Chance bieten, diese einzigartige Kunstform zu bewahren. Auf die irritierten Reaktionen des Publikums auf ein Gastspiel von Kagels „Staatstheater“ in den 90-er Jahren reagierte der damalige Intendant Udo Zimmermann mit den Worten, das Leipziger Publikum sei noch nicht reif für zeitgenössisches Musiktheater. Dass es das inzwischen zweifelsfrei ist, lässt sich an dem ungebremst euphorischen Applaus in den oben genannten Vorstellungen ablesen. Selten ist zeitgenössische Musik, die diesen Namen verdient, so ausgiebig bejubelt und gefeiert worden. Auch auf der anderen Seite des Augustusplatzes war bei Lera Auerbachs 6. Sinfonie beeindruckend zu erleben, dass das Leipziger Publikum im 21. Jahrhundert angekommen ist. Hoffentlich behalten Oper und Gewandhaus ihren Mut bei und bauen diesen noch aus, nicht zuletzt, um gegenüber dem Steuerzahler gute Argumente für die immens hohe Finanzierung dieser Häuser zu rechtfertigen.
Steffen Reinhold